Segmentierung mit Behavioral Science

Segmentierung ist die Aufteilung einer großen Gruppe in mehrere kleinere Gruppen, sodass die Menschen in einer kleinen Gruppe ähnlicher zueinander sind als in der großen Gruppe.

Segmentierung mit Behavioral Science verbessert die Gruppenaufteilung.

Segmentierung nach Verhalten oder Bedürfnissen ist der Segmentierung nach demografischen oder regionalen Faktoren überlegen.

Erfolgreiche Zielgruppenansprache durch verhaltenswissenschaftliche Segmentierung

Von Unternehmen über politische Parteien bis hin zu social media influencer wird Segmentierung genutzt, um das Zielpublikum zu identifizieren, zielgerichtet und dadurch kostengünstiger zu kontaktieren und möglichst effizient für Produkte oder Inhalte anzusprechen.

Unter Segmentierung versteht man die Aufteilung einer großen Gruppe in kleinere Gruppen von Menschen mit ähnlichen Merkmalen, Bedürfnissen oder Verhaltensweisen. Die Segmentierung ermöglicht Organisationen, ihre Produkte oder Inhalte effektiver zu gestalten und auf die spezifischen Eigenschaften verschiedener Gruppen zuzuschneiden. 

Die Verhaltenswissenschaft (Behavioral Science) kann sehr viel zum Erfolg dieser Segmentierung beitragen. Im vergangenen Jahrzehnt ergab sich durch den Fortschritt im Bereich Datenanalyse (Data Science), Kundenerfahrung (Customer Experience) und der Verbindung verschiedener Forschungsmethoden (wie qualitativer Studien, quantitativer Studien, Verwendung von echten Verhaltensdaten auf Webseiten) eine deutlich verbesserte Ausgangsbasis, um Segmentierung anhand von entscheidenden Kriterien umzusetzen.

Diesen Wandel im Bereich Segmentierung haben allerdings nur jene Organisationen durchdrungen, die in der Lage sind, sowohl die Daten zur Kundenerfahrung und echte Verhaltensdaten nutzbar zu machen als auch die Methoden der Verhaltenswissenschaften korrekt einzusetzen.

Was ist Segmentierung?

Unter Segmentierung versteht man die Aufteilung einer großen Gruppe in kleinere Gruppen von Menschen mit ähnlichen Merkmalen, Bedürfnissen oder Verhaltensweisen.

Warum klassische Segmentierung alleine nicht ausreicht

In den vergangenen Jahrzehnten wurde Segmentierung auf einem oberflächlichen Niveau betrieben, das tatsächliches menschliches Entscheidungsverhalten kaum betrachtete. Häufig wurden die Segmente von einer hierarchisch hochrangigen Person bestimmt und nicht von einer zur Segmentierung methodisch ausgebildeten Person, die anhand von Experimenten, Umfragen oder Mustererkennung in Verhaltensdaten Segmente ableitet. Klassische Segmentierungskriterien waren häufig Alter, Geschlecht, Einkommen oder auch Regionalität. Keines dieser Kriterien beschreibt tatsächliches Verhalten und leider noch viel weniger die dahintersteckenden Motive, Bedürfnisse, Emotionen oder Erfahrungen, die zu diesem Verhalten führen. 

Die häufigsten Fehler bei der Segmentierung

  1. Menschen werden in willkürlich/frei erfundene Kategorien zugeordnet (z.B. Kundentyp „Sparer“ vs. „Genussmensch“,„blaue Kunden“ vs. „gelbe Kunden“)
  2. Segmente werden als stabile Gebilde angesehen, wobei ein Mensch nur in einem Segment sein kann
  3. Die Zuordnung eines Menschen zu einem Segment wird als dauerhaft stabil angesehen

Viele Organisationen hängen auch heute noch einem dieser Fehler nach, wobei häufig die flexible Veränderung des Verhaltens von Menschen je nach Kontext und der dadurch instabilen Segmente noch nicht ausreichend berücksichtigt wird.

Warum braucht man verhaltenswissenschaftliche Segmentierung?

Klassische Segmentierungskriterien (wie Alter, Geschlecht oder Wohnort) beschreiben nicht die Menschen selbst. Keines dieser Merkmale beschreibt tatsächliches Verhalten oder die dahintersteckenden Motive, Bedürfnisse, Emotionen oder Erfahrungen, die zu diesem Verhalten führen. 

Verschiedene Stufen der Segmentierung

Die Segmentierung kann in verschiedenen Stufen erfolgen, für die unterschiedliche Erkenntnisse (Behavioral Insights) über die Betroffenen vorliegen müssen. Während für personenunabhängige Segmentierungen gar keine Kenntnis über die Person, sondern eher über die allgemeine Auftretenshäufigkeit von diesen Eigenschaften (z.B. Einwohnerzahl pro Region, Altersverteilung, Geschlechtsverteilung) bekannt sein müssen, gilt es bei einer kontextabhängigen, bedürfnisorientierten Segmentierung, die Daten zum Kontext und zur handelnden Person in Echtzeit des Geschehens zu analysieren.

Menschen sind nicht nur alle sehr unterschiedlich, sie sind auch in unterschiedlichen Situationen anders. Diese Komplexität kann mit einer Segmentierung nur mit entsprechenden Verhaltenserkenntnissen (Behavioral Insights) aufgefangen werden.

Demografische Segmentierung

Während der Schritt von einer willkürlichen Segmentierung zu einer demografischen Segmentierung sehr gut für Organisationen handhabbar ist, sind weitere Evolutionsstufen nicht gleichermaßen einfach zu erklimmen. Demografische Daten sind sehr verbreitet, datenschutzrechtlich häufig einfach nutzbar und zudem personenunabhängig. Diese Einfachheit bietet eine gute Basis, um Segmentierung zu starten, sodass dies auch seit vielen Jahrzehnten in den meisten Organisationen auf mindestens diesem Niveau betrieben wird.

Segmentierung nach Bedürfnis

Eine Weiterentwicklung in der Komplexität der Segmentierung geschieht durch die Bedürfnissegmentierung – hier gilt es, ein konkretes Bedürfnis von Menschen zu erfassen und mit Produkten oder Inhalten anzusprechen. Es gibt zahlreiche Forschungsmethoden qualitativer und quantitativer Art, um Bedürfnisse von Menschen in bestimmten Produkt- oder Informationszusammenhängen zu beschreiben. Zur Umsetzung einer Bedürfnissegmentierung sind daher personenbezogene Informationen notwendig, um Bedürfnisse anhand von gezielt entwickelten Metriken einer Person in einer Entscheidungssituation zuzuordnen und dementsprechend die Produktdarstellung oder den Inhalt des Angebots anzupassen. Eine Eigenschaft Vorteil und Nachteil zugleich – der Bedürfnissegmentierung ist, dass das konkrete Verhalten der Menschen, mit dem das Bedürfnis befriedigt wird, nicht in ein Segmentierungsmodell inkludiert wird.

Eine Bedürfnissegmentierung bedeutet eine Komplexitätssteigerung gegenüber einer demografischen Segmentierung. Die Qualität der Evidenz zu den Bedürfnissen zu Inhalten oder Produkten muss stets gewährleistet und daher häufig aktualisiert werden. Zudem ist die Entwicklung von Metriken zur Ausspielung von Aktionen pro Bedürfnis wichtig. Zur Überprüfung der Passgenauigkeit von Bedürfnissegmenten und der erfolgreichen Ausspielung von Aktionen können Performanzindikatoren (sogenannte key performance indicator, KPI) die Qualität gegenüber keiner Segmentierung beziehungsweise einer simpleren Form der Segmentierung beschreiben.

Segmentierung nach Verhalten

Die Segmentierung nach Verhalten von Menschen ist die erste Art der Segmentierung, die als echte Verhaltenssegmentierung (behavioral segmentation) zählt. Ähnlich zur Bedürfnissegmentierung gilt es bei der Verhaltenssegmentierung, konkrete Ausprägungsvarianten von Verhaltensweisen zu erfassen und mit Produkten oder Inhalten anzusprechen. Diese Verhaltensweisen, gelegentlich auch Verhaltensanker genannt, kann man mit den gleichen Forschungsmethoden qualitativer oder quantitativer Art erforschen, wie bei einer Bedürfnissegmentierung. Auch die Umsetzung der Segmentierung nach Verhalten erfolgt über personenbezogene Informationen, um gezielt passende Metriken zu entwerfen, mit denen Menschen in einer Entscheidungssituation einem Segment und einer Aktion zur Ausspielung von Inhalten zugeordnet werden.

Eine Segmentierung nach Verhalten ist teilweise eine Komplexitätssteigerung gegenüber einer Bedürfnissegmentierung und häufig eine Fokusverschiebung bei Studien zur Generierung von Evidenz für die Segmente. Bedürfnisse werden häufig gröber und in großen Kategorien erfasst, daher sind sie in der Praxis häufig rascher umsetzbar. Verhaltensweisen zu kategorisieren und mit Daten messbar zu machen ist in vielen Produktumgebungen oder Inhaltsformaten eine sehr schwierige Angelegenheit, die in der Praxis sowohl mehr Ressourcen an Studien und auch an Zeit erfordern. Die Anforderungen an die Datenqualität sind dementsprechend umfangreicher, sodass die Umsetzung von einer Verhaltenssegmentierung eher im digitalen Umfeld wie Onlineshops oder Apps zu beobachten ist und weniger in physischen Umgebungen (z.B. Ladengeschäfte) ohne implizite digitale Datenerfassung.

Segmentierung nach Verhalten in der Situation – dynamische Segmentierung

Der gegenwärtige Zielhorizont der Segmentierung ist die dynamische Segmentierung, also eine Segmentierung nach Verhalten von Menschen in einem ganz konkreten Kontext. Hier wird der Kontext der jeweiligen Situation genauer betrachtet, sodass nicht nur verschiedene Verhaltensweisen kategorisiert werden, sondern auch noch mit dem Kontext der Entscheidungssituation interagieren. Eine Interaktion zwischen Kontext und Verhalten bedeutet aus Datenanalyseperspektive, dass die gleiche Verhaltensweise in unterschiedlichen Situationen unterschiedliche Bedeutungen haben.

Der große Sprung in der dynamischen Segmentierung betrifft die Informationslage über konkrete Situationen und des gesamten Kontexts, in welcher eine Person sich befindet. Diese Anforderungen an die Daten in Echtzeit, Analyse und Implementierung einer Lösung, die in Echtzeit auf die Menschen reagiert, sind auch nach heutigem technischem Fortschritt in nur sehr wenigen Einsatzgebieten möglich. In ganz wenigen Beispielen (sogenannten Use Cases) großer Technologiekonzerne wird mit Hilfe von komplexen Datenmodellen und künstlicher Intelligenz in Echtzeit auf bestimmte Verhaltensweisen in einem streng definierten Kontext eine segmentbasierte Ausspielung einer Aktion beschrieben. Für einen großflächigen Einsatz für alle Produkte oder Inhalte ist die technische Entwicklung derzeit nicht ausreichend, um die Anforderungen zu erfüllen.

Stufen der Segmentierung

Segmentierung nach Bedürfnis oder Verhalten ist eine Verbesserung gegenüber demografischen Segmentierungen, weil sie die Motive und Erfahrungen von Menschen berücksichtigen. Im Optimalfall der Segmentierung, der dynamischen Segmentierung, wird die Interaktion zwischen Kontext und Verhalten berücksichtigt, da Menschen in unterschiedlichen Situationen mit gleichen Verhaltensausprägungen unterschiedliche Ziele verfolgen.

Sinn und Nutzen komplexerer Segmentierungsarten

Die Verwendung von Segmentierungsarten jenseits einer willkürlichen oder einer demografischen Segmentierung steigen die Anforderungen an die Erkenntnislage (Behavioral Insights) stark an. Daher sollte ein Vorgehensplan (sogenanntes framework) eingehalten werden, um die Segmentierung evidenzbasiert zu betreiben. Der Nutzen komplexerer Segmentierungsarten ergibt sich aus dem Zusammenspiel einer gut umgesetzten Segmenterstellung, passend dazu entwickelten Aktionen zur Ausspielung pro Segment und einer Erfolgsmessung. 

Framework zur Segmentierung 

Segmenterstellung über Evidenz aus Studien

Sowohl Bedürfnisse für die Bedürfnissegmentierung als auch Verhaltensausprägungen für die Verhaltenssegmentierung müssen extensiv in qualitativen oder quantitativen Studien erfasst werden, um sie möglichst präzise zu beschreiben. Hier gilt es, eine gute Abwägung zu treffen, wann ein ausreichender Kenntnisstand vorliegt, um ein adressierbares (auch targetierbar genannt) Segment beschreiben zu können. Ein Bedürfnis oder eine Verhaltensweise muss daher präzise und trennscharf von anderen Bedürfnissen oder Verhaltensweisen beschrieben werden und zudem anhand von Daten zuordenbar sein. Eine datenbasierte Erfassung eines Bedürfnisses oder einer Verhaltensweise ist die Ausgangsbasis für eine Ausspielung von Produkten oder Inhalten passend zu einem Segment.

Aktionen zur Ausspielung an Segmente

Eine Segmentierung ist nur so gut wie die Aktionen in der Ausspielung für die Segmente. Die beste Qualität an Evidenz zu Kundenbedürfnissen, zu Kundenverhalten oder gar zu Verhalten in einem ganz bestimmten Kontext ist in der Tat nur so nützlich, wie die Aktionen für die Ausspielung an die Segmente passend gestaltet werden. In der Praxis ist daher manchmal zu beobachten, dass ein Unternehmen sehr viele Ressourcen in die Segmenterstellung und in die Studien zur Evidenzgenerierung steckt, aber am Ende verschiedenen präzise beschriebenen Segmenten dieselben Aktionen zur Ausspielung anbietet. An dieser Stelle gibt es eine Unstimmigkeit, die den Erfolg einer Segmentierung entscheidend hindert. Eine perfekt genau passende Aktion zur Ausspielung ist ein Idealbild, das nie erreicht, aber angestrebt wird.

Messung des Erfolgs der Segmentierung

Der Aufwand einer Segmentierung muss sich amortisieren und dies kann über eine Erfolgsmessung anhand von Performanzindikatoren (key performance indicators) geschehen. Hierfür werden vorab Metriken definiert, wie man den Erfolg messen möchte. Dies könnten Anzahl an verkauften Produkten, Zuschauerzahlen, Klicks auf einen Link (Leadgenerierung) oder beliebige andere Werte sein. 

Wenn die Anzahl an verkauften Produkten die Metrik ist, dann könnten bei einem Onlineshop die Verkäufe pro Anzahl an potenziellen Kundinnen und Kunden (Onlineshopbesucher) berechnet werden, eine sogenannte Umwandlungsrate (conversion rate). Diese wird vor der Umsetzung der Segmentierung über einen längeren Zeitraum gemessen und mit der Umwandlungsrate (conversion rate) nach der Umsetzung der Segmentierung verglichen. Durch eine angepasste Ausspielung von Inhalten im Onlineshop für die Nutzerinnen und Nutzer erhöht sich die Verkaufswahrscheinlichkeit und somit die Umwandlungsrate in den Verkaufszahlen. 

Der Vorteil der datenbasierten Vorgehensweise liegt darin, dass nicht nur die Verbesserung in der Umwandlungsrate (ein sogenannter uplift in der conversion rate) aufgezeigt werden kann, sondern auch einzelne Segmente und die Qualität der Aktionen zur Ausspielung genauer betrachtet werden können. Dadurch kann die Art der Aktion optimiert werden, wodurch sich auch die Erfolgsmessung ein bisschen verbessert. Hier schließt sich der Kreis zum Idealbild der perfekten Aktion zur Ausspielung pro Segment. 

Ausblick in die Zukunft der Segmentierung

Durch die Verschmelzung der Verhaltenswissenschaft (Behavioral Science) und Datenanalyse (Data Science) zu einer verhaltensbasierten Datenanalyse (Behavioral Data Science) wird die Segmentierung in den kommenden Jahren immer häufiger der obersten Evolutionsstufe einer Segmentierung nach Verhalten in einer Situation entsprechen. Unter Einhaltung aller datenschutzrechtlichen Vorgaben und einer ethisch verantwortungsvollen sowie respektvollen Vorgehensweise gegenüber der Privatsphäre der Menschen kann für die Organisationen ein noch nie da gewesener unternehmerischer Vorteil entstehen, zielgerichtet und verschwendungsvermeidend Produkte und Inhalte zu platzieren, die sogar dem gewünschten Inhalt der Betroffenen entsprechen können. Nur durch eine konsequente Anwendung der Methoden der Verhaltenswissenschaft kann die Erkenntnislage (Behavioral Insights) so gut werden, um von einer demografischen Segmentierung hin zu einer Segmentierung nach Bedürfnissen oder einer Segmentierung nach Verhalten zu kommen. 

Segmentierung mit Behavioral Science

Segmentierung bedingt eine konsequente Einbindung von Behavioral Science und Data Science. Durch ein evidenzbasiertes Vorgehen können Menschen zielgerichtet mit Produkten und Inhalten angesprochen werden.