Optimismusverzerrung (optimism bias)

Was ist eine Optimismusverzerrung?

Optimismusverzerrung (optimism bias) beschreibt ein Verhalten, dass Menschen für ihre eigene Zukunft die Wahrscheinlichkeit des Eintritts von guten Ereignissen überschätzen und die Wahrscheinlichkeit des Eintritts von schlechten Ereignissen unterschätzen. Diese Art der Verzerrung kommt im Alltag häufig vor.

Beispiele für die Optimismusverzerrung

Ein Beispiel für die Optimismusverzerrung ist bei Projekten der öffentlichen Einrichtungen wie staatlichen Bauprojekten zu beobachten. Die Optimismusverzerrung führt dazu, dass Entscheidungen und Vorausplanungen von Bauprojekten sowohl in Bezug auf die Kosten des Projekts als auch für die benötigte Zeit zur Fertigstellung des Bauvorhabens völlig falsch eingeschätzt werden. Die Wahrscheinlichkeit, dass ein Bauprojekt vollständig reibungslos in minimal möglicher Zeit und dementsprechend geringeren Kosten stattfinden kann, wird als viel zu hoch eingeschätzt. Dadurch wirkt diese Wahrscheinlichkeit gegenüber der anderen Wahrscheinlichkeit eines eher schlecht verlaufenden Bauprojekts viel größer, als sie sein sollte. 

Die Optimismusverzerrung ist die Grundlage für ein anderes verhaltenswissenschaftliches Konzept, dem Planungsfehlschluss. Bei einem Planungsfehlschluss kommt es dazu, dass die benötigte Zeit zur kompletten Fertigstellung einer Aufgabe unterschätzt wird. Genau dies ist im Beispiel der Bauprojekte der öffentlichen Einrichtungen zu beobachten. 

Ein anderes Beispiel für die Optimismusverzerrung zeigt sich im Umgang mit Gesundheitsrisiken. Menschen unterschätzen ihr Risiko, an Krebs zu erkranken, einen Herzinfarkt zu erleiden oder ein Drogenproblem zu haben. Durch diese Unterschätzung verhalten sie sich ungünstigerweise so, dass das Risiko eher steigt. Beispielsweise wissen diejenigen, die glauben, ein geringes Herzinfarktrisiko zu haben, häufig relativ wenig darüber, was die Auslöser für ein höheres Herzinfarktrisiko sind. Dementsprechend verhalten sie sich nicht ausreichend sorgsam, um einen Herzinfarkt zu vermeiden. 

Erklärung und Hintergründe der Optimismusverzerrung

Die Optimismusverzerrung basiert auf der Motivation, bestimmte Ziele zu erreichen. Der Glaube an die Zielerreichung verbessert die Selbstwahrnehmung. Das ist sogar förderlich, wenn es darum geht, Angstzustände zu vermeiden. In Verbindung mit der Bestätigungsverzerrung (confirmation bias) führt es zu einer verstärkten Suche nach bestätigender Information, um die Selbstwahrnehmung aufrechtzuerhalten. Ein Faktor für die Optimismusverzerrung ist die wahrgenommene Kontrolle über eine Situation. Bei einer hohen wahrgenommenen Kontrolle glauben Menschen, die Situation kontrollieren zu können, indem sie Einfluss auf die Ereignisse haben. Je höher die wahrgenommene Kontrolle bei einer Person ist, desto stärker wirkt die Optimismusverzerrung, denn diese Person glaubt, die Wahrscheinlichkeit des guten Ergebnisses handhaben zu können. 

Leseliste:

  • Bracha, A., & Brown, D. J. (2012). Affective decision making: A theory of optimism bias. Games and Economic Behavior, 75(1), 67–80. 
  • Flyvbjerg, B. (2007). Curbing Optimism Bias and Strategic Misrepresentation in Planning: Reference Class Forecasting in Practice. European Planning Studies, 16(1), 3–21.
  • Sharot, T., Riccardi, A. M., Raio, C. M., & Phelps, E. A. (2007). Neural mechanisms mediating optimism bias. Nature, 450(7166), 102–105.
  • Sharot, T. (2011). The optimism bias. Current Biology, 21(23), R941–R945.